Ratgeber für Kleinwindkraftanlagen
In diesem Ratgeber finden Sie grundlegende Informationen zur Technik, den verschiedenen Anlagentypen und deren Klassifizierung. Ergänzend erhalten Sie einen Überblick über die aktuelle Marktentwicklung und Praxiserfahrungen mit Kleinwindkraft in Österreich und darüber hinaus. Weitere Details und vertiefende Inhalte stehen Ihnen im Download- und Videobereich zur Verfügung.
Allgemeine Information
Definition
Für den Begriff „Kleinwindkraft“ gibt es keine exakte Definition in der Fachliteratur. Laut IEC 61400-12-1 Anhang H werden Windkraftanlagen als Kleinwindenergieanlagen (KWEA) bezeichnet, wenn die vom Rotor überstrichene Fläche kleiner als 200 m² ist und die Spannung unter 1.000 V (bei Wechselspannung) bzw. 1.500 V (bei Gleichspannung) liegt. Dazu zählen in der Regel alle Windkraftanlagen mit einer Generatorleistung kleiner 50 kW.
Technik
Grundsätzlich unterscheidet man bei KWEA zwischen Anlagen mit vertikaler Drehachse (Vertikalläufer, kurz VAWT) und Anlagen mit horizontaler Drehachse (Horizontalläufer, HAWT).
Nicht nur im Bereich der Großwindkraft sondern auch im Bereich der Kleinwindkraft sind Anlagen mit horizontaler Drehachse die dominierende Bauform. Im Vergleich zur Großwindkraft, wo an die 100 % der Anlagen als Horizontalläufer mit 3 Rotorblättern ausgeführt sind, sind im Bereich der Kleinwindkraft unterschiedliche Ausführungen am Markt erhältlich.
Während sich die Horizontalläufer meist nur durch die Anzahl der Rotorblätter unterscheiden, existieren bei Vertikalläufern eine Vielzahl unterschiedlicher Ausführungen, wie der folgenden Abbildung ersichtlich.
Bei Horizontalläufern handelt es sich in der Regel immer um Auftriebsläufer, bei Vertikalläufern unterscheidet man zwischen Auftriebsläufer und Widerstandsläufer. Auftriebsläufer nutzen dabei den aerodynamischen Auftrieb, Widerstandsläufer arbeiten hingegen nach dem Widerstandprinzip.
Vertikalläufer haben den Vorteil, dass sie windrichtungsunabhängig funktionieren, sprich den Wind unabhängig von seiner Richtung direkt nutzen können. Horizontalläufer müssen dagegen entweder mittels einer Nachführautomatik oder einer Windfahne gezielt nachgeführt werden.
Marktentwicklung
Ende 2015 waren weltweit bereits knapp 991.000 KWEA mit einer Leistung von ca. 948 MW installiert. Während die KWEA-Technologie in Ländern wie China, den USA und in UK bereits in großer Anzahl umgesetzt wurde, ist die Anzahl der in Österreich installierten Anlagen noch verhältnismäßig gering. Ende 2018 waren in Österreich ca. 400 KWEA mit einer Gesamtleistung von ca. 2 MW in Betrieb, ein Drittel davon mit einer Nennleistung bis 1 kW (36,49 %) sowie zwei Drittel mit einer Nennleistung zwischen 1 und 10 kW (57,38 %). Nur ca. 5 % weisen eine Nennleistung > 10 kW auf. Die durchschnittliche Größe der in Österreich Ende 2018 installierten KWEA betrug 4,8 kW.
Erfahrungen aus der Praxis
Trotz einiger negativer Erfahrungen mit qualitativ minderwertigen KWEA in den letzten 10 Jahren in Österreich, gibt es diverse Beispiele, die zeigen, dass diese Technologie über lange Zeit verlässlich und sicher eingesetzt werden kann. Eine in den Jahren 2015 bis 2018 durchgeführte Befragung der FH Technikum Wien unter 34 BetreiberInnen von KWEA zeigt, dass knapp 90 % der Befragten mit ihrer KWEA zufrieden sind und erneut in eine KWEA investieren würden. Sie zeigt jedoch auch, dass einige wenige BetreiberInnen ihre KWEA bereits nach kurzer Zeit aufgrund schwerwiegender Probleme wieder demontieren mussten
Dieses Bild zeigt sich auch im Energieforschungspark Lichtenegg (www.energieforschungspark.at), einer unabhängigen Mess- und Prüfeinrichtung für KWEA: An diesem Starkwind-Test-Standort erzeugen einzelne KWEA trotz regelmäßiger Starkwindereignisse und den damit einhergehenden Belastungen für die Anlage bereits seit Jahren zuverlässig Energie. Doch nicht alle Anlagen können in Bezug auf Qualität, Betriebssicherheit und Leistungsbereitschaft langfristig überzeugen. Dass aufgrund fehlender, verpflichtender Qualitäts- und Leistungstests ein Teil dieser minderwertigen, nicht funktionsfähigen KWEA dennoch in Österreich verkauft werden, ist einer der größten Schwachpunkte der Kleinwindkraft in Österreich. Insbesondere da Österreich mit dem Energieforschungspark Lichtenegg über eine entsprechende Mess- und Prüfinfrastruktur für KWEA verfügt, die auch international einen hohen Bekanntheitsgrad genießt.
Entscheidende Kriterien für einen langfristigen erfolgreichen Betrieb einer KWEA sind daher einerseits eine qualitativ hochwertige, leistungsfähige Anlage sowie andererseits ein passender Standort. Ein weiteres wichtiges Erfolgskriterium ist die Verfügbarkeit und Unterstützung von HerstellerIn bzw. HändlerIn, sowohl in der Planungs- (z. B. beim Genehmigungsverfahren) als auch in der Betriebsphase hinsichtlich Wartung bzw. bei Störungen und Defekten. Auch die Erwartungen des/der zukünftigen BetreiberInnen spielen eine wichtige Rolle. Mit einer realistischen Einschätzung hinsichtlich des zu erwartenden Energieertrages sorgen seriöse HerstellerInnen bzw. HändlerInnen jedoch bereits vorab für realistische Erwartungen.